Anfang der 60er Jahre warb Henri Nannen ein Reporterpaar, die Französin Deffarge und den Luxemburger Troeller, für den Stern von der Revue ab. Es gab noch nicht so viele wie uns erklärte Claude-Marie Deffarge und so hatten sie die Freiheit ihre Themen selbst zu bestimmen und auszugestalten. Denn sie produzierten Bilder und Texte aus Ländern, die damals und großenteils heute wieder unerreichbar waren und sind. Sie berichteten in langen Serien von Frauen und Kindern dieser Welt und dekonstruierten dabei ihren eigenen Eurozentrismus. Ihre Initiation erhielten sie auf einer halbjährlichen Reise quer durch das Persien des Schahs. Daraus wurde fortan ihr Thema, vom Leben der ganz normalen Menschen zu berichten. Nicht Prinzessin Soraya, keine blutigen Kriegsberichte. Sie waren vielmehr an gesellschaftlichen Machtstrukturen und deren Offenlegung und Analyse interessiert und an Fragen, die uns auch heute noch beschäftigen. Manche der Antworten, die sie erhielten stossen auch jetzt noch auf Unverständnis oder Widerspruch, wenn etwa eine Frau in Togo zum Thema Vielehe entsetzt ausruft: "Nur eine Frau? Dann muss die ja die ganze Arbeit alleine machen!" Oder wenn sie am Gegenbeispiel von Kindern in Bolivien erläutern, dass das westliche Erziehungsbild die Kinder behütet, aber auch entmündigt und eine vollwertige gesellschaftliche Rolle vorenthält. "Wir haben abgetrieben" wäre heute keine Cover Story mehr, aber das Thema an sich ist nach wie vor virulent. Die Ausstellung Deffarge & Troeller ist noch bis zum 23. Februar 2025 im Folkwang Museum in Essen zu besichtigen.